Faszinierendes Netzwerk
Ja, dies ist ein Beitrag über die gesundheitsfördernde Wirkung von QiGong, jedoch über einen bisher wenig beleuchteten Aspekt: die Faszien.
QiGong beinhaltet sanfte, ununterbrochene, spiralförmige Bewegungen, die auf die Faszien wirken. Faszien sind Bestandteil unseres Bindegewebes und verbinden alle Teile unseres Körpers zu einem integrierten Ganzen. Sie fungieren als ein ganzkörperliches Informationsnetzwerk, das zum Aufbau und zur Reparatur von Gewebe beiträgt. Die Faszien verbinden das Äussere mit dem Inneren – die Haut mit der Muskulatur, den Organen und der Knochenstruktur. In dieser sogenannten „Tensegrity-Struktur“ gilt: Wenn sich ein Teil bewegt, bewegt sich alles. Wenn wir uns also durch elastisches Dehnen und Lösen, spiralförmig und fliessend durch das gesamte Fasziennetzwerk bewegen, kann sich der Zustand aller Körperstrukturen, einschliesslich der Organe, verbessern [1][2][3].
Doch was sind eigentlich Faszien?
Der lateinische Begriff Fascia steht für Band/Binden, was der Funktion des Zusammenbindens von Gewebe nahekommt. Faszien bestehen unter anderem aus Kollagen für die Festigkeit und Elastin für die Dehnbarkeit. Proteoglykane sind Moleküle, die Wasser anziehen können, was für die Hydratation und Viskosität der Faszien wichtig ist. Bewohnt werden die Faszien von Zellen wie Fibroblasten und Myofibroblasten, welche deren Struktur laufend erneuern. Letztendlich sind Faszien von Nervenendigungen durchzogen, welche bei Überdehnung, Entzündung oder Druck auch Schmerzreize weiterleiten.
Elektrische Leitfähigkeit
Dieses oft übersehene Netzwerk hat die bemerkenswerte Eigenschaft, elektrische Signale zu leiten. Kollagenfasern besitzen piezoelektrische Eigenschaften, das bedeutet, sie erzeugen elektrische Spannung, wenn sie mechanisch bewegt werden. Diese Eigenschaft ermöglicht es den Faszien, Bewegung in elektrische Signale umzuwandeln und so eine Kommunikation innerhalb des Gewebes zu ermöglichen. Diese elektrischen Signale können von Zellen und Nervenendigungen wahrgenommen werden und physiologische Reaktionen hervorrufen, wie z. B. die Anpassung der Muskelspannung oder die Aktivierung von lokalen Heilungsprozessen [3].
Faszien und Meridiane
Das Konzept der Faszien als Energieleitbahnen ähnelt den in der traditionell Chinesischen Medizin beschriebenen Meridianen. Studien haben gezeigt, dass Faszien Netzwerke bilden, die den Meridianen bemerkenswert ähnlich sind. Langevin und Huijing (2009) und Schleip et al. (2012) haben festgestellt, dass Faszienstrukturen und Meridiane oft dieselben Pfade und Punkte im Körper durchlaufen [1][2]. Es erscheint plausibel, dass untrainierte und unflexible Faszien die Leitfähigkeit verringern und so Blockaden im Fluss von Qi zu Krankheiten führen können.
Nachhaltige Erneuerung des Fasziennetzwerks
Verglichen mit der Kräftigung der Muskulatur bedarf die Wiederherstellung der Elastizität der Faszien einen langsamen Aufbau. Langes Sitzen und eingeschränkte Bewegung verringern den Bewegungsspielraum der Faszien. Wenn wir Teile unseres Körpers länger nicht benutzen, werden auch die Neuronen im Gehirn anderen Funktionen zugewiesen. In der Neurologie nennt sich das sensorisch-motorische Amnesie. Doch konsequentes Training zahlt sich aus. Durch stetiges, langsames Üben kann die Faszienflexibilität verbessert werden, was das energetische Gleichgewicht im Körper wiederherstellt und die Verbindung zwischen äusseren und inneren Strukturen stärkt [5].
Quellen:
Schleip, R., Jäger, H., & Klingler, W. (2012). What is ‘fascia’? A review of different nomenclatures. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 16(4), 496-502.
Langevin, H. M., & Huijing, P. A. (2009). Communicating about fascia: history, pitfalls, and recommendations. International Journal of Therapeutic Massage & Bodywork, 2(4), 3-8.
Findley, T. W. (2013). Fascia research II: Second International Fascia Research Congress. International Journal of Therapeutic Massage & Bodywork, 6(2), 72-73.
Ingber, D. E. (2003). Mechanobiology and diseases of mechanotransduction. Annals of Medicine, 35(8), 564-577.
Wilke, J., Krause, F., Vogt, L., & Banzer, W. (2016). What is evidence-based about myofascial chains: a systematic review. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, 97(3), 454-461.